Die Keimzelle gehört zum Hamburger Netzwerk der urbanen Gärten „Solidarisches Gemüse“ und lädt mit den anderen Stadtgärten ein zur Saatgut-Tauschbörse am Sonntag den 17. März von 12 – 17 Uhr im Gängeviertel.
Alle bringen mit, was sie an samenfesten (nicht-hybriden) Saatgut haben. Es wird getauscht und verschenkt. Es wird gestaunt, geredet und gedacht.
12.00 Beginn der Saat
13.00 Workshop I zum EU-Saatgutrecht und -Politik (Andreas Riekeberg)
14.00 Filmvorführung „Widerständige Saat“
15.00 Workshop II Einführung in die „Saatgutgewinnung“ (Vera Hempel)
16.00 Workshop III Lesung zur „Politik des Essens“ (Harald Lemke)
17.00 Ende gut
Freies Saatgut für alle!
Der Hintergrund: Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt den Verlust an Kulturpflanzen-Vielfalt seit dem Jahr 1900 auf über 75%. Ab diesem Zeitpunkt begannen sich Märkte für Saatgut zu entwickeln. Die Saatgut-Gesetzgebung der Europäischen Union zählt zu den restriktivsten weltweit. Sie wurde in den 1960er Jahren geschaffen und hatte großen Anteil am Prozess der Sortenverarmung. Das EU Saatgutrecht schließt jegliches Saatgut vom Markt aus, welches bestimmte Kriterien nicht erfüllt, die überwiegend für die Saatgutproduktion im industriellen Maßstab und die Bedürfnisse der industrialisierten Landwirtschaft entwickelt wurden. In den letzten drei Jahrzehnten durchlief der Saatgutsektor weltweit einen massiven Konzentrationsprozess: Heute kontrollieren nur mehr zehn multinationale Unternehmen 74% des globalen Saatgutmarktes. Und diese Agro-Konzerne wollen auch in Zukunft üppige Gewinne machen: Am liebsten mit genetisch manipuliertem Terminator-Saat und gesetzlich patentierten Cash Crops.
Doch ihre Profitgier stößt auf immer mehr Widerstand seitens der international organisierten Bauernbewegung und neuerdings auch verstärkt durch die sich organisierende Urban-Gardening-Bewegung. Bauern und Bäuerinnen haben Jahrhunderte lang Bedeutendes für die Erhaltung und Weiterentwicklung der agrikulturellen Vielfalt geleistet, die nun durch die industrielle Landwirtschaft vom Aussterben bedroht ist. Die Kultivierung von unterschiedlichsten Nutzpflanzen schafft die Grundlage für die Anpassungsfähigkeit und die Geschmacksfülle von Obst und Gemüse. Die bäuerliche – oder allgemeiner: die Nahrungsgewächse anbauende – Arbeit erfährt in jüngster Zeit wichtigen solidarischen Zuwachs durch die neuen Aktivisten des urbanen Gärtnerns. Urbane Gemüsegärten sind nachhaltige Quellen nicht nur von ökologisch produzierter und erneuerbarer Nahrungsenergie und von lokalen Ökonomien: Es sind auch ungeahnten Springquellen für einen Reichtum an Obst- und Gemüsesorten.
Wir lassen uns von einer Politik, wie der Europäischen Agrarpolitik, nicht abschrecken. Wenn sie in diesen Tagen eine Gesetzeslage schafft, die den freien Tausch von Saat- und Pflanzgut verhindern, kann dieser Dienst im Interesse der Agrarkonzerne nur bedeuten: Beschenken wir uns gegenseitig mit freiem Saatgut für alle!