Kohlrabi, Radieschen, gelbe Tomaten, geschossener Lollo Rosso und Pflücksalat, Schnittlauch und Majoran landeten gestern Abend auf unseren Tellern. Obwohl uns eine Nacht vorher das unbekannte hungrige Riesenkaninchen in der Keimzelle aufsuchte und mit ihm der letzte erntefähige Salat verschwand, hatten wir genügend andere Leckereien zur Auswahl. Und so ließen wir die verbliebene Biomasse gestern fröhlich zwischen unseren Zähnen knacken. Nebenbei stellten wir Vermutungen über die Entstehung des Lochs im Parlamentsdach an; ob da ein Komet eingeschlagen oder ’ne Bleimöwe reingefallen ist? Wir werden es nie erfahren.
Das Sommerwetter der letzten Tage ist nicht ohne Wirkung auf die Keimzelle geblieben. In den meisten Hochbeeten wird eifrig gewachsen, und die Tomatengewächshäuser quellen buchstäblich über vor grün. Auch die ersten Fruchtansätze lassen sich dort zwischen all dem Grün erspähen. Selbst die Chilipflanzen, die wegen des späten Frühlings einen schlechten Start hatten, sind in ihrem Häuschen jetzt zur Blüte gekommen, und hoffentlich lassen sich bald auch ein paar scharfe Schoten sehen!
Geradezu atemberaubend wachsen die Kürbisse. Einzelne Pflanzen hält es nicht mehr in ihren Hochbeeten – sie wuchern über mehrere Meter ins Nachbarbeet! Auch an Blüten mangelt es nicht und die ersten Panzerbeeren sind auch schon Tennisball groß. Das bedeutet: sie brauchen sehr bald eine Unterlage, und zwar nicht nur die Früchte, die sich ausgerechnet den Luftraum zwischen zwei Hochbeeten zum Reifen ausgesucht haben und deshalb ein Gerüst bekommen. Auch die ordnungsgemäß auf der Erde wachsenden brauchen eine Trennschicht, um zu verhindern, dass sie faulen. Dafür brauchen wir dringend Stroh! Wer den einen oder anderen Ballen abgeben kann, möge sich bitte melden!
Leider gibt es auch vereinzelte Rückschläge zu vermelden. Mehrere Kohlrabi, die insgesamt zwar schöne Knollen ansetzen, sind geplatzt. Normalerweise deutet das auf zuviel Wasser hin, aber diese Erklärung erscheint uns im konkreten Fall doch etwas zweifelhaft. Die Puffbohnen haben uns die Blattläuse komplett aufgefressen, noch bevor wir den Pflanzensaugern mit Schmierseife auf den Leib rücken konnten. Allerdings versprechen die Feuerbohnen, den Verlust mehr als wett zu machen. Seltsames tut sich auch im Sandbeet: außer dem Schießen des Salates nämlich nichts. Weder Karotten noch Zwiebeln mögen dort wachsen, obwohl die Erde extra für sie aufgemischt wurde. Ein Grund dafür könnte die übereifrige Wühlaktivität der Amseln sein. Diese an sich durchaus sympathischen Drosseln haben jeden Respekt vor Pflanze und Mensch verloren und lassen sich auch durch unmittelbar neben ihnen werkelnde Gärtner_innen von der Wurmjagd abhalten.
Worüber wir uns besonders freuen sind zum einen die vielen netten Grüße, die Besucher_innen auf der Tafel hinterlassen haben, kaum das sie mit “Raum für Notizen” beschriftet war.
Es gibt neue Nachrichten aus Kyoto, wo sich nach wie vor Keimzellen-Aktivist_innen aufhalten, um zu Taktiken der Erzeugung von Öffentlichkeit zu forschen und mit dem Weitertragen der Idee des kollektiven öffentlichen Gemüsegartens auch praktisch dazu beizutragen. // We like to inform you about Kyoto, where Keimzellen activists still stay, researching on the tactics to initiate public space contributing to this by transmitting the idea of collective public vegetable gardens.
Am 22. Juni hat das erste Angärtnern in Takano stattgefunden, einer Gegend im Norden von Kyoto, wo die Takano-Protest-Bewegung gegen den Bau einer riesigen Spielhalle in ihrer direkten Nachbarschaft kämpft. An dem sonnigen Nachmittag haben Anwohner, Aktivisten und Studenten den nahegelegenen Kunstakademie den Takano Protest Gemüsegarten initiiert. // On 22nd of June the first planting event took place in Takano, an area in the northern part of Kyoto were the Takano-Protest-People-Movement fights against a huge pachinko to be build in their neighborhood. On the sunny afternoon residents, activists and student of the nearby art academy initiated the Takano Protest Vegetable Garden.
Angärtnern in Kyoto
Dynamische Gemüsekisten
Gruppenbild mit Gemüse
Seit dem sind Auberginen, Zucchini, Sojabohnen, Chilis, Gurken, Tomaten, Kräuter und essbare Blumen in dem warmen, sonnigen und feuchten japanischen Sommerklima großartig gewachsen. // Since then aubergines, zucchinis, soybeans, chilly plants, cucumbers, tomatoes, herbs and eatable flowers grew greatly in the warm, sunny and humid summer of Japan.
Protestgemüse (Tomate)
Protest Vegetable (Zucchini)
Hantai yasai (nasu)
Am 21. Juli hat nun die Takano-Protest-Bewegung einen öffentlichen „Biergarten“ als Nachbarschaftsfest für die Anwohner organisiert und das erste gereifte Protest Gemüse wurde als leckerer Eintopf serviert. Gurken, Kräuter und Chilis wurden stolz in einem Körbchen neben der Bierzapfstelle präsentiert. // Now on 21st of July the Takano-Protest-People-Movement organized a open public „beer garden“ as a little festival for residents and the first ripe protest vegetables were served as a delicious stew. Cucumbers, chilly, and herbs were presented in little baskets close to bier tap.
Protest-Gemüse-Verköstigung
Gemüsebetrachtung und Bierzapfstelle
Gurke im Körbchen
Die ganze Veranstaltung war voll von selbstgemachten Speisen. Die wichtigsten Schlüsselbegriffe zur Zukunft Takanos – zum Beispiel mehr Grün – aus einer Anwohnerumfrage wurden präsentiert und gebündelt um in ein Manifest einzufließen, welches den örtlichen Behörden überreicht werden soll. // The entire event was full of self-made food contributed by the neighbors. Also the most important keywords about the future of Takano out of a questionnaire among residents – like more green areas – were presented and clustered to be integrated into a manifesto which shall be presented to local authorities soon.
Die Takano Leute nutzen die Protestbewegeung gegen die Spielhalle als Initialzündung, um sich einzumischen. Bilder für ein zukünftiges gutes Leben werden entwickeln und Teilhabe an Entscheidungsprozessen hinsichtlich ihrer Nachbarschaft wird gefordert. // The Takano people use the protest movement against the pachinko as a starting point to become involved. Images for a good living in the future are developed demanding to be involved in decision making processes concerning their neighborhood.
Um ein gemeinschaftliches Selbstverständis aufzubauen wurde bei dem Nachbarschaftsfest am 21. Juli die Geschichte des Stadtteils aufgerufen und dabei das lokal Wissen langjähriger Anwohnern integriet. Aber auch die kurze aber intensive Geschichte der Bewegung wurde in einer Diashow visualisiert. Mal sehen, was da noch so alles wächst… // To establish a communal self-understanding also the history of Takano was recalled on the event of 21st of July integrating local knowledge of long term residents and also the short but intense history of the movement was visualised in a slide show. Lets see what else will grow …
„Immer wieder Samstags“ singen wir mild lächelnd, wenn der Samstags-Flohmarkt vorbei ist und wir einen Blick auf die Beete werfen. Nachdem sich in den letzten Wochen viele Salatköpfe ein wenig in Luft auflösten, dann der gesamte Knoblauch folgte, sind letzten Samstag alle Kartoffelpflanzen in zwei Beeten rausgerupft und welkend liegengelassen worden. Whoa! Sowas sitzt. Verwechselte ein verwirrter Mensch die Kartoffelpflanzen mit Unkraut? Oder sollte der DJ mal ne‘ andere Platte auflegen?
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„Wollt ihr im Bus nach Wasser bohren?“ O-Ton HVV-Busfahrer, nachdem wir am Mittwoch nen Hydranten mit Hebeleisen quer durch Hamburg spazieren fuhren. Ab zu den Beeten, angestöpselt die Maschine und laut „Pump up the Base“ gesungen – 3000 Liter kühles Nass flutschten voller Freude in unsere leeren Wassertanks. Da kommt Laune auf und das Grünzeug nickt durstig mit fetten Blättern und Blüten zum Beat.
Salat und Suppe gab’s am Sonntag in der Keimzelle – und den klassischen Regenguss nach Hamburger Art. Das nächste soziale Gartenessen kündigt sich durch das eifrige Wachstum in den Hochbeeten bereits an – wir geben rechtzeitig Bescheid!
Sonntag (23.06.2013) gibt’s was auf den öffentlichen Teller:
Nach dem Gärtnern, also etwa ab 18 Uhr, wird in der Keimzelle der Salat geerntet, gewaschen und ordentlich angemacht, dazu gibt es Suppe vom eigenen Radieschen und Brot. Und da gerade alles so eifrig wächst, kann vielleicht auch schon die eine oder andere Zuckerschote verkostet werden!
Aus Kyoto – wo sich ein Teil der Keimzellen-Aktiven gerade nicht nur gärtnerisch betätigt – erreicht uns folgende Nachricht:
Hier wie dort beginnt die Aneignung von Stadt mit einem Nein – Nein in Kyoto zu den Plänen von Investoren und Stadt, eine riesige Spielhalle (Pachinko) mitten ins Wohnviertel zu setzen. Mit dem Einkaufszentrum haben die Leute vor Ort schon genug Trubel. Lieber wollen die Anwohner_innen selber planen, wie ihr Viertel aussehen soll.
Einladung zur Protestversammlung
Die Initiative gegen das Pachinko in Takano hat eine Umfrage begonnen und mehrere hundert Antworten erhalten, wie die Anwohner_innen sich ihr Viertel vorstellen – Wunschproduktion in Japan! Juristen prüfen für die Protestierenden Anwohner_innen die Baugenehmigung. Ein Manifest wird formuliert. Bis in den Herbst hinein sind viele Veranstaltungen geplant, Führung durch die Nachbarschaft, kleine Straßenfest, ein Feuerwerk, Infoveranstaltungen – und – seit die Keimzelle dort aufgetaucht ist und von Hamburg St. Pauli und dem kleinen eigensinnigen Nachbarschaftsgarten berichtete – wird auch ein kleiner öffentlicher Gemüsegarten in Takano geplant.
Angärtnern des Protestgemüses
Angegärtnert wird das „Protest Gemüse – Hantai Yasai“ am Samstag am 13 Uhr. Die Keimzelle pflanzt sich fort!
Beim Gemüseanbau sind oft weniger Pflanzenarten im Spiel als die bunte Vielfalt im Beet und auf dem Teller vermuten lassen. Nicht wenige Sorten sind unterschiedliche Erscheinungsformen ein und der selben Pflanze. So gehören zum Beispiel Grünkohl, Kohlrabi, Rosenkohl und Wirsing alle zur Spezies Brassica oleracea. Während die Sorten im “Gemüsestadium” leicht zu unterscheiden sind, ähneln sich Blüten und Blattformen geschossener – also ausgewachsener – Pflanzen oft enorm. Diese Vielseitigkeit einzelner Pflanzenarten ist spannend – kann aber auch zu Komplikationen führen.
In der Keimzelle hat jüngst die Art Raphanus sativus für Verwirrung gesorgt. Von dieser werden an der Ölmühle traditionell verschiedene Sorten angebaut, nicht nur für den Teller, sondern auch für die Gewinnung von Saatgut. Hier kommt die genannte Ähnlichkeit in’s Spiel: der Daikon ist letztes Jahr gleich geschossen, so dass lediglich die Samenkapseln geerntet werden konnten. Radieschen hatten wir reichlich, und auch von diesen haben wir Samen geerntet. Die Samenkapseln beider Sorten sehen sich mehr als nur etwas ähnlich: auf den ersten Blick – und für die meisten von uns wohl auch auf den zweiten – lassen sie sich nicht unterscheiden. Irgendwie muss im Saatgutarchiv dann was durcheinander geraten sein, jedenfalls wurden dieses Frühjahr vermeintliche Radieschensamen in Bäckerkisten ausgebracht, aus denen dann veritable Rettiche keimten. Nun ist in so einer Kiste für ein Radieschen reichlich Erde und Platz zum Wachsen vorhanden, für den Zwilling Rettich hingegen wird es äußerst eng – so eine Daikon-Wurzel kann im Extremfall einen Meter lang werden.
Für die kleinen Knollen ist in der Bäckerkiste ausreichend Platz.
Die Wurzel des Rettichs wächst nach oben und nach unten. Da braucht es Luft – und Erde!
In der Bäckerkiste ist für die sich entwickelnde Wurzel kein Platz.
Ohne Wurzel-Knollen zu bilden, haben die bedrängten Rettiche mit der Blüte angefangen – eine Stressreaktion.
Damit die Wurzeln noch eine Chance haben, war eine Rettichrettungsaktion angesagt: die meisten Pflanzen wurden aus den Bäckerkisten in’s Hochbeet umgesetzt, wo ihnen genug Erde für eine schöne Wurzel zur Verfügung steht. Natürlich ist das mitten in der Wachstumsphase alles andere als ideal. Dennoch gibt es erste Erfolge in Form ordentlicher Knollen zu beobachten. Die in den Kisten verbliebenen Pflanzen hingegen blühen inzwischen, ohne eine Rettichwurzel ausgebildet zu haben, so dass vielleicht wenigstens Samen für das nächste Jahr geerntet werden können. Diesmal werden wir sie aber sicher peinlich genau beschriften!
Es ist schööön warm. Bei 32° begrüßen uns die ersten reifen Wald-Erdbeeren und sagen höflich Guten Tag. Und auch immer noch werden Bündel bunter Radieschen zutage gefördert. Der Hammer allerdings ist die schier nicht enden wollende Masse an Champignons, die seitlich des Karottenbeets sprießen. Hat da wer was ausgesät? Nö, die wachsen von alleine und es nimmt kein Ende. Eifrig ernten wir, gießen anschließend ein wenig Wasser nach und siehe da – in spätestens drei Tagen ist eine komplette Mahlzeit nachgewachsen. Respect to the Pilz-Underground!
Salat
Mais – wird langsam groß
Keine Champignongs – aber auch andere Pilze hat das Wetter sprießen lassen…
Aus dem Gewächshaus sind leider ganze vier Tomatenpflanzen „verschwunden“!
Die Erbse blüht
Die Erbse blüht
Die Amsel gärtnert mit – sie lockert den Boden auf der Suche nach Würmern auf, zerstört dabei aber auch das eine oder andere Gewächs…
Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen wurde am Sonntag in der Keimzelle urban gegärtnert, dass es eine echte Freude war: Salatköpfe und Karotten zogen aus zu eng gewordenen Beeten und Gewächshäuschen auf geräumigere Flächen, die eifrig wachsenden Feuerbohnen bekamen eine neue Rankhilfe und auch die Schäden, die der Regen der letzten Wochen an den Holzkonstruktionen angerichtet hatte, konnten behoben werden.
Das Gießen konnte auf die ganz jungen Pflänzchen und Flachwurzler beschränkt werden, denn immer noch ist die Erde unter einer trockenen Krume ziemlich nass.
Bereits am Donnerstag wurde in einem der Beete die fette Erde mit Sand mit Sand gestreckt, den wir bei der Gartengruppe von Zomia gegen gemistete Erde ertauscht hatten.
Künftig sollen hier weitere Karotten wachsen, die momentan noch im Gewächshaus Kraft sammeln.
Leider gibt es auch unerfreuliches zu berichten: im “Parlament” fehlen inzwischen einige Balken, die wohl nächtlich anderen Zwecken zugeführt wurden – um die Stabilität zu gewährleisten, muss da in den nächsten Tagen noch mal geschreinert werden.
Und was sehen wir auf diesem Bild?
Richtig: keinen Knoblauch. Auch der war über Nacht verschwunden, was uns ziemlich schmerzt, da die Pflanzen sich prima entwickelt hatten und wir Knoblauch gerne mögen. Die bald anstehende erste gemeinsame Ernteverkostung wird also ohne die duftenden Zehen auskommen müssen.
Geerntet werden konnte aber bereits das zweite Radieschen, und das vor den Augen der internationalen Wissenschaft, denn auch die akademische Gemeinschaft war heute wieder mit mehreren Gruppen zu Gast.
Für die nächsten Treffen stehen neben der gärtnerischen Routine (wenn es denn so was wie Routine in der Keimzelle überhaupt gibt) insbesondere die oben erwähnten Reparaturen und Karottenfreisetzungen an – und bei anhaltend trockenem Wetter auch wieder zunehmend das Gießen. Vor allem aber lässt das derzeitige üppige Wachstum auf baldige ebensolche Ernten hoffen!
Danke übrigens an den Hof vorm Deich, der uns weitere vier prächtige, garantiert unkontrolierte Tomatenpflanzen hat zukommen lassen!
neue Rankhilfe für die Feuerbohnen
neue Rankhilfe für die Feuerbohnen
Die Pastinake, die im Vorjahr der Ernte entgangen ist, bildet nun Blüten aus.
Die Pastinake, die im Vorjahr der Ernte entgangen ist, bildet nun Blüten aus.